Hitchhiking Teil 3 – von Straßensperren und anderen Problemen

Ich wollte von Buenos Aires zu den berühmten Iguazú-Wasserfällen. Eine Strecke von 1.400km, natürlich wieder per Anhalter.

Früh morgens nahm ich erst mal den Bus, um aus der Stadt rauszukommen. Dieser ließ mich auch netterweise an einer Tankstelle an der Autobahn raus. Na dann, Daumen hoch und los geht’s!

 

 

Kaum hatte ich mich positioniert, so hielt auch direkt das erste Auto, welches mich 200km mitnahm. Die Fahrt verlief ruhig (bis auf einen armen Vogel, der uns gegen die Windschutzscheibe donnerte) und mein Fahrer ließ mich an einer Tankstelle raus. Die befand sich direkt neben einem Klärwerk und es stank sooooo unglaublich nach Scheiße!!!

 

Ich rannte sofort zur Straße, fuchtelte wie wild mit den Armen und setzte mein schönstes Lächeln auf, damit mich auch ganz schnell jemand aus dieser Stinke-Hölle wieder rausholen würde! Und so hielt nach 5 Minuten ein netter LKW-Fahrer, der mich aus dieser Lage befreite. Er war auf dem Weg um neue Kälber für den Transport abzuholen. Mir blieb dieser traurige Anblick glücklicherweise erspart. José, der Fahrer, erzählte mir, dass am nächsten Tag die LKWs streiken und die Straßen sperren würden.

Na toll, eigentlich wollte ich meine Reise nur auf 2 und nicht auf 3 Tage aufteilen…. Aber mal schauen. 

 

Die nächste Tankstelle war in Sicht, es war schon halb 4, aber ich wollte noch eine Fahrt machen, damit ich am nächsten Tag nicht so viele Kilometer vor mir habe. Keine 3 Minuten an der Straße, hielt Ramón mit seinem Zwiebel-bepackten LKW. Ich stieg ein und erst mal stieg mir ein mir bekannter, aber leicht unangenehmer Geruch in die Nase – Koka-Blätter. Ramón war fleißig am Kauen und hatte sich schon eine ordentliche Beule im Mund zusammengeformt, die so ungefähr die Form seines Bauches hatte, welcher aussah, als würde sich dort eine schrumpelige Melone breit machen. Ich nahm auf seinem Bett platz, denn einen weiteren Sitz hatte er nicht. Deshalb musste ich mich auch jedes Mal verstecken, wenn wir eine Polizeikontrolle passierten, da ich keinen Gurt hatte. Das erste Mal hat er mir sein Kissen über den Kopf geworfen, die nächsten Male zog ich es vor, mich auf den Boden zu setzen… Er war auf jeden Fall ein komischer Typ und ich fühlte mich besser, als ich mein Pfefferspray in meiner Tasche ertastete. Ich nahm erst mal ein Video auf, denn ich erzähle den Fahrern immer, dass ich das sofort an meine Freunde und Familie schicke. Dadurch wissen sie, dass ich ein Bild von ihnen habe, was mir auch als mini Absicherung gilt. Während des Videos sagte er mir, ich solle meiner Mama doch erzählen, er sei mein zukünftiger Ehemann….. ähm… ja, na klar doch! Er betonte immer wieder, wie toll er doch blonde Frauen finden würde, er zeigte mir Fotos von sich am Strand mit Surfboard auf seinem Handy (wo ich doch bitte etwas näher an ihn heran rutschen sollte) und als es dunkel wurde fragte er mich, ob ich denn keine Angst hätte, so alleine. Ich meinte dann nur, dass das Vertrauen ja auf Gegenseitigkeit beruhen würde, schließlich wüsste er ja auch nicht, ob ich eine messerstechende Psychopathin sei. Abends um 8 setzte er mich dann an einem Hotel ab, wo ich die Nacht verbringen konnte (yay, dieses Mal musste ich nicht im LKW schlafen!). 

 

Am nächsten morgen musste ich erst mal 3km laufen, um an den Stadtrand zu kommen. Dort standen schon andere Daumenakrobatiker, aber die haben in der Regel keine Chance gegen eine Blondine. Nach 10 Minuten dann hielt ein Auto mit 2 Typen. Ich stieg ein und fragte, wo sie hinfuhren. Der Fahrer war am Telefon beschäftigt und der Beifahrer antwortete nicht. So fuhren wir etwa 5 Minuten, bis er das Gespräch beendet hatte. Niemand sagte etwas. Kein ‚Hallo‘, kein ‚wo kommst du her, wo willst du hin‘. Nichts. Ich fragte dann nochmal, bis wohin sie mich mitnehmen könnten. Er murmelte etwas von 200km und war dann wieder still. Die ganze Fahrt über unterhielt sich niemand mit mir…

Gut, einmal weniger, dass ich meine Lebensgeschichte erzählen muss. Wir kamen an einer Straße vorbei, wo unzählige LKWs den Straßenrand säumten. Die Fahrer waren auf der Straße und veranstalteten BBQs. Die Autos konnten aber ohne Probleme passieren. Nach 5 gewechselten Worten, ließen sie mich dann an einem Kreisverkehr raus.

 

Ich lief gerade zu der Ausfahrt, wo ich mich hinstellen wollte, da hielt vor mir schon ein Auto an, das mich mitnehmen wollte. Das war ja einfach. Ich musste noch nicht mal meinen Daumen heben.

José wohnte im 50km entfernten Dorf, meinte aber, noch 20km weiter sei es besser zum hitchhiken. Und so fuhr er mich kurzerhand einfach weiter. Er meinte, hätte er Zeit, würde er mich sogar noch weiter fahren, aber er hat noch einen Termin. Meeeega nett!! 

 

Kaum stand ich an der Straße, hielt auch sofort der nächste Fahrer – ein LKW. Es fuhren also doch ein paar. Und das Beste: er fährt bis fast nach Iguazú!!! Von seinem Stop sind es noch etwa 20km. Yeeeaaaahhh!!!  Am frühen Nachmittag sollte ich ankommen. Dachte ich… da hatte ich aber die Rechnung ohne die weiteren Straßensperren gemacht... Kurzerhand fuhren wir einen Umweg, den ein LKW vor uns auch nehmen wollte. 30 km über unbefestigte, holprige Wege. Nach der halben Strecke hielt der LKW vor uns auf einmal an. Hatten sie die Straße hier nun auch gesperrt?? Nein, der Fahrer musste nur mal eben seine Ladung checken: rohe Eier! Ernsthaft, das Schlimmste, das man auf diesem Waldweg transportieren könnte ist wohl Glas und Eier! Der Arme… aber alles schien noch heil zu sein. Nach 2h (eigentlich wäre das ein Weg von 20 Minuten), haben wir die Sperre dann erfolgreich umfahren. Bis dann 100km weiter, die Nächste auf uns wartete… Ich fragte, ob wir nicht einfach durchfahren könnten, aber er meinte, die Streikenden würden den LKW zerstören und mit Steinen bewerfen. Gut, das war also keine Alternative. Ich studierte meine Offline Map und fand einen anderen Weg. Zum Glück auch wesentlich kürzer als der Vorherige. Durch die ganzen Umwege verspätete er sich so sehr, dass er seine Ware, gefrorene Empanadas, erst am nächsten Tag abladen könnte. Das war aber mein Glück, da er so nett war, und mich bis nach Iguazú fuhr!! Kurz nach 18 Uhr kamen wir dort in der Dunkelheit an.

 

Ich hatte noch eine weitere Hürde:

Ich musste auf die brasilianische Seite, da ich dort einen Couchsurfing Host hatte. Dabei war mir schon etwas unwohl, da mich alle davor warnten, wie gefährlich die brasilianische Seite sei. Deshalb wollte ich eigentlich auch tagsüber ankommen… Ich hatte nun zwei Möglichkeiten: einen Bus nach Brasilien zu suchen und versuchen, nicht ausgeraubt zu werden, oder im LKW zu schlafen (alleine) und am nächsten Tag rüber zu gehen. Ich wollte es aber schaffen und entschied mich für den Bus. Die Frage war, wo ist die Haltestelle? Ich fragte einen tankenden Taxifahrer der meinte, an der Grenze, die nur 1km entfernt ist, könnten Busse fahren. Er wüsste allerdings nicht, ob jetzt um die Zeit noch welche die Grenze überqueren. Ich könnte auch das Taxi für 10 Euro nehmen…  Nääääh, ich wollte schließlich sparen.

 

Ich lief zur Grenze und sah dort schon einen Bus stehen, auf dem ‚Brasilien‘ stand. Ich rannte los und erwischte noch den Fahrer und bat ihn, kurz auf mich zu warten. Ich stürmte die Immigration, warf meinen Reisepass auf den Tisch und bekam meinen Stempel. Im Bus fragte ich dann erst mal einen Passagier, ob er auch zum Terminal fahren würde. Ja, er glaube schon. Na gut, eine andere Wahl hatte ich nun eh nicht mehr. Am Terminal angekommen, suchte ich dann meinen Bus. Ich brauchte die Linie 35.  ‚Die fährt heute nicht mehr‘. Waaas? Jetzt bin ich schon so weit gekommen…! Ich fragte mich durch, was etwas schwierig war, da mein portugiesisch eher schlecht, bzw. nicht vorhanden ist. Aber ich hatte Glück und fand heraus, dass die Linie 55 2km von meiner Zieladresse entfernt ist. Na gut, ich hab schon Schlimmeres überstanden, als im Dunkeln mit all meinem Hab und Gut ohne Handysignal und Internet durch eine Stadt zu laufen, die als gefährlich gilt…. Aber ich hab es geschafft. Und so stand ich vor dem Tor meines Hosts, der keine Klingel hatte und versuchte durch Pfeifen und Rufen auf mich aufmerksam zu machen. Der einzige, der mich bemerkte, war der Nachbarshund, aber das ist eine andere Geschichte.

 

Mein Fazit: ich bin einmal quer durch Argentinien, über 4.000km gehitchhiked. Hab super tolle und super seltsame Sachen erlebt und das alles für lau! Es war eine geile Erfahrung, die ich auch jedem empfehlen kann.

Jetzt erforsche ich erst mal Brasilien und seine Favelas. Whoop whoop!!!

Mein creepy Zwiebel-LKW-Fahrer
Mein creepy Zwiebel-LKW-Fahrer

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