Hitchhiking - (fast) wie im Horrorfilm

Argentinien ist teuer. Vor allem die Busse. Also habe ich beschlossen 1.300 km zu hitchhiken, schließlich sind Chile und Argentinien Hitchhiking Nationen. 

Morgens um halb 8 stellte ich mich in San Martin an die Straße mit meinem Schildchen. Und es dauerte tatsächlich 45min, bis mich endlich jemand mitnahm! Gut, könnte daran gelegen haben, dass es a) dunkel war und b) noch sehr wenig los auf der Straße... Naja, 100km später kam ich in Villa la Angostura an. Mein Fahrer (Bergführer) fand mich auch ganz toll und wollte direkt meine Nummer... Das lustige war aber, dass wir in Chile einen gemeinsamen Freund haben 😄 Klein ist die Welt...

Auf den nächsten Fahrer (Ranch-Besitzer, Snowboardlehrer und Touristguide) wartete ich ca. 15 min. Mit ihm fuhr ich weitere 100km. Er fragte mich, ob es mich stört, wenn er eine raucht. ‚Nein kein Problem, ist ja dein Auto‘. Dann drehte er sich erst mal nen Joint.... nun gut 😅 Kurz vor Dina Huapi ließ er mich raus.

Auf den dritten Fahrer (Koch an der chilenischen Grenze) wartete ich nur etwa 5 min. Sein Auto wäre in Deutschland vermutlich schon vor 10 Jahren nicht mehr durch den TÜV gekommen 😬 aber, obwohl er eigentlich nach Bariloche wollte, fuhr er einen Umweg um mich an der Straße rauszulassen, auf welcher alle in meine Richtung fahren.

Und so wurde ich auch schon 1 min später vom nächsten Fahrer (Ex-Ralley Fahrer) eingesammelt. Er war sehr nett und wir hielten an einem Wasserfall, wo ich ein paar schöne Fotos machen konnte.

Auf den nächsten Fahrer (alter kleiner pensionierter Mann) wartete ich auch nur etwa 3 min. Er ließ mich allerdings mitten auf der Straße raus, wo nichts war außer einem Mini Restaurant.

Hier stand ich auch bestimmt 10 min, bis der Erste anhielt. Ich fragte ihn, wo er hin fährt und er antwortete: ‚Zu mir nach Hause‘ *blick* *hechel*... ok, danke auch. 

Zum Glück hielt kurz darauf ein Familienvater mit seinen 3 Kids. Sie fütterten mich mit Keksen und zeigten mir stolz ihre Fußball Alben und fragten, ob ich Mats Hummels kennen würde 😄 Ich wurde wieder mitten im Nirgendwo abgeladen. Dieses Mal gab es wirklich NICHTS drum herum... und nach 10 min kam ein Einheimischer, der auch in meine Richtung hitchhiken wollte. Na toll... viele Autos fuhren vorbei. Wahrscheinlich dachte er, seine Chancen stehen besser, wenn er bei der Blondine bleibt. 🤨 

20min später hielt dann endlich wieder ein Auto und der Fahrer (Special Forces Chile), nahm uns beide mit. Er ließ mich an einer Tankstelle raus, kurz vor der Abbiegung in die Wüste (von wo aus eigentlich alle in meine Richtung müssen). Es war 17 Uhr, ich hatte bereits 570km überwunden und es fehlte nur noch 1 Auto. Aber das kam und kam nicht... es wurde immer kälter und dunkler. Um kurz nach 18 Uhr beschloss ich aufzugeben. Ich setze meinen Rucksack auf und sah noch einen LKW kommen. ‚Den wart ich noch ab‘, dachte ich mir. Ich streckte ihm mein Schild und Daumen entgegen und tatsächlich, er hielt an. Ich stieg ein und wir fuhren los.

Ich grinste innerlich, da ich mein Glück kaum fassen konnte, aber das hielt nicht lange an. Er fragte mich, ob ich ein Satellitentelefon besitze. ‚Nein, tu ich nicht.‘ ‚Ah ok, denn ab hier gibt es die nächsten 300km kein Signal.‘ Ich fragte ihn, um wie viel Uhr wir denn etwa ankommen. Da meinte er: ‚Heute kommen wir nicht an.‘ Na toll... ich suchte auf meiner Map die Straße ab, ob es irgendwo auf dem Weg einen Ort gab, an dem man schlafen konnte. Langsam wurde es dunkel und er fragte, ob ich denn keine Angst allein, in der Wüste, im Dunkeln hätte. ‚Natürlich nicht!‘ (- niemals Angst zeigen, die können das riechen 😬). Wir kamen an ein kleines Dorf, wo wir zu Abend aßen. Die Besitzer erklärten, dass auch etwas weiter die Straße runter ein Hotel wäre. Wunderbar! Da wollte ich hin. Nach dem Essen (er lud mich ein), fuhren wir weiter und passierten alle Häuser... ich sagte, dass ich glaube, dass das Hotel weiter vorne war, aber er murmelte nur etwas unverständliches und fuhr weiter... nach einer halben Stunde hielt er auf einmal mitten im Nirgendwo und meinte:

‚Hier schlafen wir. Du kannst dich ins Bett legen.‘ 

Ich: ‚Nein Danke, mein Sitz ist ganz gemütlich.‘

Er: ‚Aber du kannst doch nicht im Sitzen schlafen.‘

Ich: ‚Doch doch, ist wie im Bus und ich bin auch noch gar nicht müde.‘ (ich bin vor Müdigkeit fast vom Sitz gekippt 😂).

Ich sagte ihm, 50km weiter kommt noch ein Dorf. Also fuhren wir weiter (nachdem er im Restaurant fast alleine eine Flasche Wein getrunken hatte). Um Mitternacht kamen wir an und natürlich war alles schon zu.... also blieb mir nichts anderes übrig, als wirklich im LKW zu schlafen... das einzig Beruhigende: ich hatte die ganze Zeit mein Pfefferspray in meiner Jackentasche.

Die Nacht verlief zum Glück ruhig. Er versuchte nichts (hätte er eh nicht gekonnt, weil ich ihm körperlich fast überlegen war 😂), es war nur verdammt unbequem und kalt. Am nächsten morgen dann ging es weiter und ich freute mich schon auf die Stadt. Aber 50km vorher schmiss er mich auf einmal raus, weil er in eine andere Richtung musste... Also wieder ab auf die Straße.

Dieses Mal regnete es. Aber ich hatte wieder Glück. Nach etwa 10 min hielt ein LKW, der gefrorenen Lachs transportierte. Er brachte mich bis 10km vor mein Ziel (und schielte immer wieder verstohlen zu mir rüber 🙄). Jetzt fehlte nur noch ein Auto bis ans Ziel. Und das sammelte mich 10 min später ein.

Auf dem Weg erzählte mir der Fahrer (Tennislehrer und Farmbesitzer), dass er eigentlich gerade auf dem Weg zu seiner Farm war, mich dann dort stehen und frieren sah, umdrehte um mich einzusammeln und mich in die Stadt zu fahren. Auf dem Feld muss er nur jemanden abholen und dann fährt er wieder zurück. Also bot ich ihm an, dass wir auch erst kurz zur Farm können, dann muss er keinen großen Unweg fahren. Gesagt getan. 20 min später war ich auf seiner Farm mit Hunden, Pferden und Schafen. Ich bekam Tee und etwas zu Essen und dann durfte ich tatsächlich mit seinem Gewehr auf eine Flasche schießen! Ich glaub ja, ich hab fast getroffen 😂 Und danach fuhr er mich direkt zu meinem Couchsurfing Host nach Hause. Whoop whoop 🙌

 

Was für ein Abenteuer... 8 Autos, 2 LKWs, 1.300km, 30h, 0€ 🎉 hat sich gelohnt würd ich sagen 😄

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Kommentare: 4
  • #1

    Michi (Freitag, 15 Februar 2019 12:44)

    WOW wie aufregend. Ich glaub ich wäre zeitweise vor Angst gestorben....

  • #2

    Mel von Kind im Gepäck (Dienstag, 19 Februar 2019 10:31)

    Ist ja wahnsinn! DAS hätte ich mich nicht getraut. Was man da alles erlebt und über die Leute erfährt - total spannend und unglaublich. Hut ab und ich hoffe dir passiert weiterhin nichts!

  • #3

    Kim (Mittwoch, 13 Juli 2022 09:40)

    Hi Corinna,
    Respekt für deine Courage alleine in Ländern mit fremder Kultur zu trampen. Überwiegen am Ende die positiven Eindrücke oder bleibt das Hitchhiking für dich eine Notlösung?
    Ich schreibe auf meinem <a href="https://free2live.eu/" title="Hitchhking-Reise Free2Live" alt="Hitchhking-Reise Free2Live" target="_blank">Reiseblog</a> ebenfalls über meine Hitchhiking Erfahrungen. Diese beschränken sich allerdings bisher auf den Europäischen Raum.
    Lieben Gruß aus Skandinavien, Kim

  • #4

    Cori (Mittwoch, 13 Juli 2022 21:53)

    Hallo liebe Kim,
    ja, ich finde oft ist es ein 50:50 Ding, wer anhält und wie die Reise weitergeht - im wahrsten Sinne �
    Ich bin letztens noch durch Kosovo getrampt, aber hier tatsächlich gezwungenermaßen, da dort an Feiertagen keine Busse fahren. Es sind viele mit Männer vollbesetzten Autos an mir vorbei gefahren, wo ich wirklich froh war, dass sie nicht angehalten haben. Kurze Zeit später hielt eine Familie und nahm mich mit. Die waren wirklich großartig und wir sind immer noch in Kontakt!