Wie so oft auf meiner Reise hatte ich keine Ahnung, wo ich eigentlich hinsoll. Und wie so oft auf meiner Reise winkte mich das Schicksal zum nächsten Erlebnis. Ich bekam den Tipp, dass es in Antigua, Guatemala einen inaktiven Vulkan gibt, der nur 2 km von einem aktiven Vulkan entfernt ist. So etwas lasse ich mir natürlich nicht entgehen!
Der Vulkan Acatenango - einfach atemberaubend
Der Acatenango ist mit 3976 Metern einer der höchsten Schichtvulkane in Mittelamerika. Schon von Antigua aus kann man den Vulkan El Agua bestaunen. Ich hatte davor noch nie einen Vulkan live gesehen und zu wissen, dass es dort tief in der Erde brodelt löste tief in mir wohliges Brodeln aus! Also fiel die Entscheidung: Auf zum Vulkan!
Vulkan vs Cori - 1:0
Am nächsten Tag war es soweit. Voll motiviert und voll bepackt kam ich mit meinem 15 Kg Backpack am Fuße des Vulkans an (und nein, das Gewicht konnte nicht reduziert werden, da man jede Menge Wasser, noch mehr zu Essen sowie das Camping Equipment braucht). Schon als ich den Rucksack aufsetzte war klar, das wird kein Spaß! Nach wenigen Minuten steilem Bergaufmarsch spürte ich bereits Schmerzen im unteren Rücken und aufsteigende Ohnmacht. Es begann in meinen Fingerspitzen und Armen zu kribbeln. „Scheisse!“, dachte ich: Genauso begann vor 4 Jahren mein Bandscheibenvorfall... jetzt musste ich eine Entscheidung fällen: Wer sollte gewinnen? Egal-ich-kann’s-selber-Ego oder Lass-dir-helfen-auch-wenn-es-kostet-Vernunft? Die Vernunft siegte. Zum Glück. Ich lief zu unserem Guide und bat um Hilfe. Er rief einen Schlepper, der für 250 Quetzales (ca. 30 Euro) pro Streckenabschnitt meinen Rucksack trug. Es war definitiv die richtige Entscheidung, denn wäre ich auch nur 10 Minuten weitergegangen, hätte ich mir wahrscheinlich direkt den Flug nach Deutschland zu einem Orthopäden buchen können ... Nachdem der Rucksack beim Schlepper verstaut war, ging es weiter. Es war wirklich verdammt hart und das bisher anstrengendste, das ich in meinem Leben gemacht hab und ich bin nicht gerade zimperlich. Aber der Rucksack hätte mich umgebracht. Zum Glück nur sprichwörtlich. Großen Respekt an alle, die ihren Rucksack selbst getragen haben!
Ich hätte mir nie erträumt mal echte Lava zu sehen
Abbrechen war nie eine Option. Schon die Strecke bergauf bot eine grandiose Aussicht und die Motivation, El Fuego ausbrechen zu sehen, trieb die Gruppe immer weiter nach oben. Na gut, zugegeben, im jenem Moment war die nächste Pause die treibende Kraft… Der Aufstieg dauerte insgesamt 5 Stunden und je höher wir kamen, desto dünner und kälter wurde die Luft. Der Marsch durch kalte Vulkanasche war eine Herausforderung eigener Natur: Man macht einen Schritt vorwärts und rutscht einen halben Schritt wieder zurück.
Endlich oben, nach nur 5h und gefühlten 4 Jahreszeiten
Im Basecamp angekommen haben wir erst einmal unsere Zelte aufgebaut. Die Aussicht war gigantisch! Wir waren über den Wolken! Vor uns ein Vulkan! Als ich das letzte Mal zeltete war ich auf einer fast einsamen Insel. Dieses Mal campte ich auf einem Vulkan. Mal sehen, ob ich das noch toppen kann.
Die Show kann beginnen
Wir richteten uns ein, entfachten ein Lagerfeuer und plötzlich ging es los:
Die Erde bebte und dann gab es einen lauten Knall. Boom! Lava! Asche! Rauch schoss aus dem Vulkan! Steine flogen durch die Luft, prallten im nahe gelegenen Wald auf und setzen einen Teil des Waldes in Brand. Ich hätte fast angefangen zu heulen bei diesem atemberaubenden
Naturschauspiel! Dass ich je Zeuge eines Ausbruchs werden würde, habe ich mir noch nicht einmal in meinen wildesten Träumen ausgemalt. Ich kann die Wirkung dieser Urkraft der Natur kaum in Worte fassen. Spätestens jetzt waren alle Schmerzen des Aufstiegs vergessen und pures Glück durchströmte mich. Über die nächsten Stunden hinweg brach El Fuego immer wieder aus bis langsam die Nacht über uns hereinbrach. Der Mond ging über einem anderen Vulkan auf und die Städte unter uns begannen zu leuchten. Wäre es nicht so kalt gewesen, hätte ich die ganze Nacht draußen verbracht, um diese Aussicht zu genießen.
Ein letztes mal Pobacken zusammenkneifen
Am nächsten Morgen ging es um 3:55 Uhr weiter: Nochmal eine Stunde lang weiter nach oben zur Spitze des Vulkans. Es war sehr neblig und windig und wir hofften, dass es sich bald lichten würde, damit wir den Sonnenaufgang über El Fuego bewundern können. Mit Stirnlampen und Gehstock bewaffnet stellten wir uns erneut dem Vulkan. Nach etwa 20 Minuten sahen wir in der Ferne Licht und dachten die Sonne wäre aufgegangen. 10 Sekunden später war der Nebel auf einmal verschwunden und es war, als hätte jemand den Strom angeschaltet. Alle Städte um uns herum erleuchteten die Nacht. Diese Aussicht war unglaublich schön und ließ uns auf eine gute Sicht weiter oben hoffen. Also gingen wir weiter: Schritt um Schritt um Schritt und waren endlich oben und oben angekommen sahen wir: NICHTS. Um uns herum nur dicker Nebel, schneidender Wind und nasse Kälte. So ein anstrengender Aufstieg und dann das? Die Natur bleibt eben unberechenbar. Wir stiegen in den Krater, wo sich ein kleines Schutzhäuschen befand und warteten auf besseres Wetter. Als es dann zu regnen anfing haben wir beschlossen, den Abstieg zu beginnen. Und der war geil! Da der Boden wie eine Kiesgrube war, konnte man den ganzen Weg bis zum Basecamp rennen. In etwa 10 Minuten waren wir wieder unten. Ich glaube, ich hab beim Sprint den halben Vulkan in meinen Schuhen mitgeschleift, aber es hat echt viel Spaß gemacht. Die Guides haben richtige Stuntsprünge auf dem Weg nach unten gemacht. Im Basecamp haben wir unsere Sachen zusammengepackt und nach einer Tasse heißer Schokolade wurde es Zeit, dieses einzigartige Camp wieder zu verlassen.
Der Abstieg war wesentlich einfacher als ich es mir vorgestellt hatte und nach nur 2 Stunden waren wir wieder sicher am Fuße des Vulkans.
Das war auf jeden Fall ein Erlebnis, das ich niemals wieder vergessen werde!
Hast du auch schon mal einen Vulkan bestiegen oder träumst davon? Ich freue mich auf deinen Kommentar!
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Charles Westermann (Samstag, 10 Juni 2017 11:56)
wahnsinnig tolle Bilder